Griechisch lebt
in der Sicht der Geschichte
"Non scholae, sed vitae discimus!"
("Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!")
Generationen von Schülerinnen und Schülern mussten und müssen sich diesen Spruch anhören, wenn wieder einmal die Lust am Lernen nachließ und der Lehrer über den Tellerrand der Schule hinaus weisen wollte.
Die Beschäftigung mit der Vergangenheit scheint hier einen schweren Stand zu haben. Wie können z.B. die Fächer Geschichte, Latein oder Griechisch Inhalte für das Leben in der Zukunft vermitteln, wenn sie sich mit Vergangenem beschäftigen?
Doch machen wir nicht die Erfahrung, dass es häufig so aussieht, als wiederholte sich die Geschichte, als gäbe es Konstellationen, die sich schon einmal eingestellt hatten? Denken wir an Aussprüche, wie "Alles war schon einmal da!" oder auch "Wehret den Anfängen!"
Dass die Menschen aus der Geschichte lernen sollten, brachte auch schon Herodot zum Ausdruck. Für ihn war die Geschichte ein Kreislauf, in dem es die Götter nicht zuließen, dass es immer denselben gutginge. Dies sollten die Menschen aus der Geschichte lernen und dadurch Übermut und Frevel gegen Götter und Menschen vermeiden.
Im ersten Buch seines Geschichtswerkes lässt er den ehemaligen König der Lyder mit Namen Kroisos dem Perserkönig Kyros, der ihn besiegt hatte und dessen Berater er geworden war, folgenden Rat erteilen, als dieser auf dem Höhepunkt seiner Macht stand und auch noch die Nachbarn am äußersten Rand seines Reiches erobern wollte:
"Diese Meinung mißbilligte nur Kroisos der Lyder, der auch zugegen war, und legte das Gegenteil als seine Meinung vor und sprach wie folgt: «Herr und König! Schon vormals habe ich dir gesagt, ich wolle, da Zeus mich dir ausgeliefert, wenn ich eine Gefahr dein Haus bedrohen sehe, diese nach Kräften abwenden. Sind doch meine Leiden, bitter wie sie waren, mir zur Lehre geworden. Glaubst du, unsterblich zu sein und über solch ein Heer zu gebieten, so wär es unnütz, dir meine Meinung darzulegen. Hast du aber eingesehen, daß auch du nur ein Mensch bist und über Menschen gebietest, so merke zuerst auf das eine: Menschendinge sind wie ein Rad, das dreht sich und läßt nicht immer dieselben im Glück. Jetzt nun in der vorliegenden Sache ist meine Meinung gerade umgekehrt wie die der andern hier..."
Herodot I, 206f. Deutsch: Herodot, Historien I-V, hrg. von W. Marg (dtv), S. 114f.
Griechisch: Herodoti, Historiae I, hrg. von C. Hude, Oxford Classical Texts.
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